2014/05/22

„L’Europe se fera dans les crises“

auch wenn inzwischen eine halbherzige bankenunion umgesetzt worden ist, auch wenn griechenland, oder das was nach dem sozialen kahlschlag davon übrig geblieben ist, an den kapitalmarkt zurückgekehrt ist: dieses manifest deutscher ökonomen, juristen und politologen von okt. 2013 ist nach wie vor aktuell.


an ANSWER to the manifesto in ENGLISH by mr. piketty


this thing isn't finished yet... (zweckentfremdet von hier)



Einige Auszüge

Heute wissen wir: Das Prinzip der Eigenverantwortung, das Prinzip des No-Bailout war richtig. Aber es scheitert dort, wo seine Durchsetzung einen Kollateralschaden verursacht, der so groß ist, dass von vornherein weder Schuldner noch Gläubiger an die Ernsthaftigkeit der Eigenverantwortungsver-pflichtung glauben.


--> Eigenverantwortliche Schuldner brauchen eigenverantwortliche Gläubiger
Richtig ist aber auch, dass die Krise etwa in Spanien oder Irland selbst durch den Fiskalpakt nicht verhindert worden wäre. Die fiskalischen Risiken, die sich dort aufgebaut haben, sind nicht allein durch den Bruch von Staatsverschuldungsregeln entstanden, sondern letztlich durch eine mangelhafte Regulierung des Finanzsektors innerhalb eines heterogenen Währungsraums, der starke regionale Ungleichgewichte hervorgebracht hat.


--> Eigenverantwortung und Solidarität gehen Hand in Hand

Eigenverantwortung der Mitgliedsstaaten heißt auch Eigenverantwortung ihrer Bürger. Dass diese die Krisenlasten im Wesentlichen schultern und dabei auch schmerzhafte Reformen anpacken müssen, ist daher unvermeidlich. Aber die Grenze dieser Eigenverantwortung ist dort erreicht, wo elementare Lebenschancen bedroht sind. Hier muss die Solidarität in der Union und speziell zwischen den Unionsbürgern greifen.
Die Eurozone sollte somit eine Versicherung gegen Konjunkturschocks aufbauen, zum Beispiel als gemeinsame Arbeitslosenversicherung in der Eurozone, die die nationalen Systeme ergänzt. Hiermit würden zwei Dinge erreicht. Zum einem würde man einen Mechanismus schaffen, der starken Rezessionen mit automatischen europäischen Stabilisatoren entgegenwirkt. Zum anderen würde eine Arbeitslosenversicherung auch Europa ein konkretes Gesicht bei den Unionsbürgern geben. Teilnehmen könnten diejenigen Länder, deren Arbeitsmärkte so organisiert sind, dass sie das geordnete Funktionieren der Währungsunion unterstützen.


--> Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der Krise
 Wenn Gesetzgebung, Verwaltung und Justiz derart dysfunktional werden, dass kein Mensch mehr vom Recht Gebrauch macht, bedroht das die Union in ihren Grundlagen. ... Die Förderung einer effektiven Rechtsstaatlichkeit, die zugleich die Autorität des europäischen Rechts gewährleistet, sollte daher eine deutlich höhere Priorität genießen als etwa die der Landwirtschaft.

 Es kann nicht sein, dass die Union Staaten, die gegen das Beihilferecht verstoßen, wirksamer zur Ordnung rufen kann als solche, die die Demokratie oder rechtsstaatliche Regeln abschaffen.

--> Was die Union zusammenhält

Politische Unionen sind dazu da, gemeinsam öffentliche Güter bereit zu stellen, die jeder für sich genommen nicht bereit stellen könnte.



--> Keine minimale, sondern eine optimale Union
...So ist es längst überfällig, neben der gemeinsamen Währung auch die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik zu verwirklichen. In einer multipolaren Welt, in der China, Russland und andere ihre Einflusssphären ausweiten und die globale Vormacht unseres Verbündeten USA abnimmt, sollte Europa seine gemeinsamen Interessen wirksam vertreten können.
In der Außenpolitik müsste es beispielsweise möglich sein, eine gemeinsame Strategie zur Ordnung des globalen Handels- und Finanzrechts und zur Nutzung globaler Gemeingüter wie Tiefsee oder Weltraum zu verfolgen.
 
--> Ein Euro-Vertrag für die Euro-Union
...Mit dem Euro-Vertrag ginge es endlich wieder darum, was europapolitisch gewollt und erforderlich ist, und nicht darum, was verfassungsrechtlich an tatsächlichen oder scheinbaren Einwänden gesehen wird.

--> Wirtschaftsregierung und Euro-Parlament

Bisher haben bei der Bewältigung der Eurokrise die nationalen Regierungschefs den Ton angegeben. Aber dieser Intergouvernmentalismus ist den Aufgaben, die es in einer Währungsunion zu bewältigen gibt, schlicht nicht gewachsen.
...
Die Euro-Regierung muss durch ein Euro-Parlament gewählt und kontrolliert werden. Es liegt nahe, dieses mit den Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus den Euro-Staaten zu besetzen, da es um die Bereitstellung der öffentlichen Güter in der Eurozone geht. Es gibt in unserer Gruppe aber auch Stimmen, die eine Besetzung durch Abgeordnete der nationalen Parlamente präferieren, um deren Anspruch, die Kontrolle über die Staatsausgaben in der Hand zu behalten, entgegenzukommen.

Jean Monnet: „L’Europe se fera dans les crises“

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